Keine Mehrwertsteuerbefreiung bei Wärmelieferung einer WEG an ihre Wohnungseigentümer

18. Dez. 2020 – Der EuGH hat entschieden, dass die Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) an die Eigentümer, die Mitglieder dieser Gemeinschaft sind, der Mehrwertsteuer unterliegt.

Eine solche Wirtschaftstätigkeit falle nicht unter die in der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Befreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, so der EuGH.

Die WEG Tevesstraße, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, bestehend aus einer GmbH, einer Behörde sowie einer Gemeinde, betreibt auf dem Grundstück, das den Eigentümern gehört, die Mitglieder dieser Gemeinschaft sind, ein Blockheizkraftwerk. Den erzeugten Strom liefert die WEG Tevesstraße an ein Energieversorgungsunternehmen, die erzeugte Wärme dagegen an die Eigentümer, die Mitglieder der Gemeinschaft sind. Das Finanzamt Villingen-Schwenningen verweigerte den Vorsteuerabzug für den auf die Wärmeerzeugung entfallenden Anteil aus den Kosten für die Anschaffung und den Betrieb des Blockheizkraftwerks (dagegen ließ es den Vorsteuerabzug für den auf die Stromerzeugung entfallenden Anteil zu) und begründete dies damit, dass es sich bei der Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft an die Eigentümer, die Mitglieder dieser Gemeinschaft sind, um einen nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfreien Umsatz handele.
Das von der WEG Tevesstraße angerufene FG Stuttgart hat den EuGH mit der Frage befasst, ob die Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG (ABl. 2010, L 10, 14) der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der die Lieferung von Wärme durch Wohnungseigentümergemeinschaften an ihre Wohnungseigentümer von der Mehrwertsteuer befreit ist.

Der EuGH hat diese Frage bejaht.

Nach Auffassung des EuGH findet die Mehrwertsteuerrichtlinie im vorliegenden Fall Anwendung und bei der in Rede stehenden Wärmelieferung handelt es sich um die Lieferung eines Gegenstandes, die grundsätzlich der Mehrwertsteuer unterliegt. Insbesondere handele es sich bei der Lieferung von Wärme durch die WEG Tevesstraße um eine wirtschaftliche Tätigkeit. Zum einen scheinen die Eigentümer, die Mitglieder der Gemeinschaft seien, dieser als Gegenleistung für die gelieferte Wärme ein dem konkreten Verbrauch entsprechendes Entgelt zu zahlen. Zum anderen spiele es keine Rolle, ob diese Tätigkeit auf die Erzielung von Gewinnen gerichtet sei, und selbst wenn man annähme, dass es sich bei dieser Tätigkeit um die Ausübung von der WEG durch das nationale Recht zugewiesenen Aufgaben handelte, wäre dieser Umstand als solcher irrelevant für die Einstufung dieser Leistung als Erbringung einer wirtschaftlichen Tätigkeit.

Zudem sei es nach der Bestimmung der Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten die „Vermietung und Verpachtung von Grundstücken“ von der Steuer befreien, nicht erlaubt, die Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft an die Eigentümer, die Mitglieder dieser Gemeinschaft seien, wie im deutschen Umsatzsteuergesetz vorgesehen von der Umsatzsteuer zu befreien. Die Befreiung nach der Mehrwertsteuerrichtlinie lasse sich nämlich damit erklären, dass die Vermietung von Grundstücken, auch wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit sei, normalerweise eine verhältnismäßig passive Tätigkeit darstelle, die nicht zu einer signifikanten Wertschöpfung führe. Die WEG Tevesstraße habe jedoch mit der Lieferung von Wärme einfach einen körperlichen Gegenstand verkauft, der auf die Nutzung eines anderen körperlichen Gegenstands zurückzuführen sei, bei dem es sich zwar um ein Grundstück handele, ohne dass jedoch den Erwerbern der Wärme, also den Eigentümern, die Mitglieder dieser Gemeinschaft seien, das Recht gewährt würde, ein Grundstück, hier das Blockheizkraftwerk, in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.

Die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung wie sie das deutsche Umsatzsteuergesetz bei einer Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft an die Eigentümer vorsehe, die Mitglieder dieser Gemeinschaft seien, könne nicht durch eine Protokollerklärung gerechtfertigt werden, die der Rat und die Kommission anlässlich einer Tagung des Rates im Jahr 1977 abgegeben haben (Protokollerklärung Nr. 7 der Tagung des Rates der Europäischen Union vom 17.05.1977 zu Art. 13 der Sechsten Richtlinie) und nach der die Mitgliedstaaten eine solche Befreiung vorsehen konnten. Denn weder die Vorgängerrichtlinie der Mehrwertsteuerrichtlinie noch diese selbst enthalten auch nur den geringsten Hinweis darauf, dass besagte Protokollerklärung in diesen Richtlinien ihren Ausdruck gefunden hätte.

Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 166/2020 v. 17.12.2020

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